Umgangsrecht

Das Umgangsrecht der Eltern leitet sich aus dem grundgesetzlich garantierten Elternrecht des Art. 6 Abs. 2 GG ab und ist einfachgesetzlich geregelt in § 1684 BGB. Danach hat sowohl das Kind Recht auf Umgang mit jedem Elternteil als auch jeder Elternteil das Recht und die Pflicht zum Umgang mit seinem Kind. In dieser Weise berechtigt sind nicht etwa nur die Mutter und der rechtliche Vater i.S.d. § 1592 BGB. Auch dem biologischen (leiblichen) aber nicht rechtlichen Vater steht gemäß § 1686a BGB ein einfachgesetzlich geregeltes Umgangsrecht zur Seite. Diese Regelung geht auf zwei Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 21.12.2010 (Beschwerde Nr. 20578/07) und 15.09.2011 (Beschwerde Nr. 17080/07) zurück. Der EGMR erkannte auf eine Verletzung des Art. 8 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), weil bei der Frage des Umgangs- und Auskunftsrechts des leiblichen aber nicht rechtlichen Vaters das Kindeswohl von den deutschen Gerichten nicht hinreichend berücksichtigt worden sei.

Der BGH sieht die Anordnung des Wechselmodells auch gegen den Willen eines Elternteils als zulässig an. In einer am 27.02.2017 veröffentlichten Entscheidung entschied der Bundesgerichtshof, dass ein Wechselmodell durch das zuständige Gericht angeordnet werden kann, wenn das Verhältnis der Eltern nicht als „erheblich konfliktbelastet“ zu bewerten ist (BGH XII ZB 601/15). Der umgangsberechtigte Elternteil kann daher im Falle einer kindeswohldienlichen Kommunikation zwischen den Eltern die hälftige Betreuung des gemeinsamen Kindes auch gegen den Willen des anderen Elternteils gerichtlich durchsetzen.

Am 18.11.2014 entschied das Bundessozialgericht (Az. B 4 AS 4/14), dass einem Hartz-IV-Bezieher die Fahrtkosten zur Ausübung seines Umgangsrechts mit seinem Kind in Höhe des günstigsten Bahntickets durch das Jobcenter zu erstatten sind. Nicht erstattungsfähig sind die tatsächlichen Kosten für die Benutzung des eigenen PKW.

Aktueller Hinweis!

Corona erlaubt keine einseitige Abweichung von einer gerichtlichen Umgangsregelung. Der Umgang mit einem Kind darf nicht unter Verweis auf Kontaktbeschränkungen verweigert werden. Dies entschied am 08.07.2020 das Oberlandesgericht Frankfurt am Main. Ist der Umgang familiengerichtlich geregelt und erfolgte dennoch eine Verweigerung des Umgangs, kann ein Ordnungsgeld verhängt werden. Dem betreuenden Elternteil obliegt es nicht, über familiengerichtlich geregelten Umgang zu disponieren. Im zu Grunde liegenden Fall hatte das OLG darüber zu entscheiden, ob der Verweis auf eine Infektionsgefahr im Zusammenhang mit der Behauptung, der Umgangsberechtigte stehe in Kontakt mit einer Corona-Risikogruppe, gerechtfertigt und ausreichend ist. Das OLG erteilte dem eine Absage. OLG Frankfurt am Main, Az. 1 WF 102/20.

Rechtsanwalt Robert Uhlemann, Dresden (Stand 21.01.2023)

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