Am Donnerstag, den 19.01. um 11.45 Uhr fand am Verwaltungsgericht Berlin der deutschlandweit wohl erste Rechtsstreit um die nunmehr mögliche Aufhebung einer bereits erfolgten Ernennung eines Universitätsprofessors statt.
Hierbei handelt es sich um die Ernennung eines Mathematikprofessors auf eine W 3 Professur für „Mathematische Statistik“. Kläger ist ein damaliger Mitberwerber, selbst Universitätsprofessor an der TU Dresden, vertreten durch RA Robert Uhlemann.
Mit der Bundesverwaltungsgerichtsentscheidung vom 04.11.2010, Az. 2 C 16.09, erfolgte eine Abkehr von der althergebrachten ständigen Rechtsprechung zum Grundsatz der Ämterstabilität. Danach konnten selbst grob rechtswidrig erfolgte Ernennungen zum Beamten von rechtswidrig nicht berücksichtigten Mitberwerbern nicht mehr angefochten werden.
Im vorliegenden Fall hatte die Beklagte bereits in einem ersten Berufungsverfahren, in welchem der Doktorvater des später ausgewählten Berwerbers, Vorsitzender der Berufungskommission war, den ausgewählten Bewerber, der auch in Berlin studiert hatte und dort promoviert wurde, ausgewählt. Dies obwohl der Bewerber nicht habilitiert wurde – andere Mitbewerber aber schon. Daneben verfügte der Bewerber nicht über eine vergleichbare Erfahrung in Forschung und Lehre.
Das OVG Berlin Brandenburg stoppte daraufhin per Sicherungsanordnung die Ernennung. Der erteilte Ruf wurde zurückgenommen und das Stellenbesetzungsverfahren abgebrochen. Anschließend wurde ein erneutes Berufungsverfahren bei der Beklagten durchgeführt. In äußerst kurzer Frist wurde wiederum der selbe Bewerber ausgewählt, und hierbei vollkommen unüblich auf einer Einerliste plaziert, da alle anderen Bewerber nicht hinreichend geeignet bzw. befähigt seien. Die Beklagte ernannte den Bewerber dann, bevor sie die Ablehnungsmitteilungen bei den nichtberücksichtigten Bewerbern zustellen ließ. Der selbst geschaffenen Situation entsprechend teilte die Rechtsstelle der Beklagten anschließend mit, dass der nochmals ausgewählte Berwerber nun bereits ernannt sei und mit Blick auf die bis dato geltende Rechtsprechung die Ernennung nicht mehr rückgängig gemacht werden könne.
Es wurde zunächst Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ernennung erhoben, da die Ernennung nicht angefochten werden konnte. Fristwahrend wurde die Ernnennungsaufhebung per Hilfsantrag aber mitbeantragt. 1 1/2 Jahre nach der Ernennung änderte das Bundesverwaltungsgericht seine Rechtsprechung und stellte auch bereits erfolgte Ernennungen, die der Verhinderung von Rechtsschutzmöglichkeiten dienten, zu Disposition.
Der Rechtsstreit ist darüber hinaus brisant, weil dem Kläger zwischenzeitlich von einem vormaligen Berufungskommissionsmitglied des ersten Stellenbesetzungsverfahrens Achttausend Euro angeboten wurden, damit dieser sein Rechtsmittel zurücknehme. Außerdem wurde ihm die Mitarbeit in einem Forschungsinstitut angeboten. Für den Fall, dass er auf das Angebot nicht eingehe, wurde ihm die Zerstörung seiner universitären Karriere angedroht. Der Kläger lehnte ab. Zwischenzeitlichen Vortrag, der ausschließlich auf die Rufschädigung des Klägers abzielte, zog die Beklagte kurz vor der mündlichen Verhandlung zurück.