Im Betäubungsmittelstrafverfahren ist immer wieder von der „nicht geringen Menge“ die Rede. Wird die „nicht geringe Menge“ von Betäubungsmitteln erreicht, werden die zu erwartenden Strafen empfindlich erhöht.
Beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln sieht das Gesetz in § 29 Betäubungsmittelgesetz (BTMG) zum Beispiel Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe vor. Das Handeltreiben mit nicht geringen Mengen von Betäubungsmitteln wird dann schon als Verbrechen mit einer Mindestfreiheitsstrafe von 1 Jahr (§ 29 a Abs. 1 Nr. 1 BTMG) und damit mit Freiheitsstrafe zwischen einem und 15 Jahren bestraft.
Noch heftiger ist der Sprung bei der Einfuhr von Betäubungsmitteln: Hat man die nicht geringe Menge unterschritten, wird die Einfuhr von Betäubungsmitteln wie das Handeltreiben (und der Besitz oder die Herstellung) mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe geahndet.
Hat man die nicht geringe Menge allerdings erreicht bzw. überschritten, sieht der Gesetzgeber bereits eine Mindestfreiheitsstrafe von 2 Jahren vor (§ 30 Abs. 1 Nr. 4 BTMG).
Wichtig und entscheidend ist daher in jedem konkreten Einzelfall, ob bereits die „nicht geringe Menge“ erreicht wurde oder eben nicht.
Wie so häufig können hier bereits in den ersten Augenblicken entscheidende Weichen für das folgende Verfahren gestellt aber auch entscheidende und nur schwer auszugleichende Fehler gemacht werden.
Daher sollten Sie sich, falls Sie mit dem Vorwurf einer Betäubungsmittelstraftat konfrontiert sehen, grundsätzlich zunächst auf ihr Schweigerecht berufen und einen Anwalt, am besten einen Fachanwalt für Strafrecht, zu Rate ziehen.
Weitere Informationen und Hinweise im Falle einer Verhaftung oder Durchsuchung finden Sie im strafrechtlichen Notfallratgeber.
Die nicht geringe Menge der Betäubungsmittel ist im Einzelnen nicht im Gesetz normiert. Sie richtet sich nach der Menge des Wirkstoffs und unterscheidet sich daher je nach der Art des Betäubungsmittels.
Wie hoch im Einzelnen die nicht geringe Menge ist, hat letztlich der Bundesgerichtshof in den jeweiligen Entscheidungen zu einzelnen Betäubungsmitteln festgelegt. Hier hat der Bundesgerichthof – jeweils durch Sachverständige beraten – anknüpfend an die Gefährlichkeit der einzelnen Betäubungsmittel die nicht geringen Mengen bestimmt. Letztlich geschieht das unter Berücksichtigung der für das Erreichen eines Rauschzustandes regelmäßig erforderlichen Wirkstoffmenge, der Gefährlichkeit des Mittels und der üblichen Konsummenge.
Gerade noch allgemein bekannt könnte die für die Annahme der nicht geringen Menge bei Cannabisprodukten (Haschisch, Marihuana) erforderlichen 7,5 Gramm des Wirkstoffes Tetrahydrocannabinol sein. Bei Crystal (Metamphetamin) liegt der Grenzwert bei 5 Gramm Metamphetaminbase. Bei hochreinem Crystal, welches teilweise auf den Märkten jenseits der Grenze gehandelt wird, ist das schon ein Problem, wenn man sich die Strafdrohung bei der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (siehe oben) ansieht. Eine Gesamtmenge von 6 Gramm Crystal kann die nicht geringe Menge bereits erreichen, wenn das Betäubungsmittel mit 80% eine hohe Reinheit aufweist.
Damit wären die für Sachen wichtigsten Betäubungsmittel hinsichtlich der Frage wann die nicht geringe Menge erreicht ist, berücksichtigt. Aber auch für die übrigen Betäubungsmittel existieren Entscheidungen, die den für das Erreichen der nicht geringen Menge erforderlichen Wirkstoffgehalt festlegen.
Da die nicht geringe Menge an der Wirkstoffmenge festgemacht wird, kommt es im Ergebnis aber Entscheidend auf die Qualität, d.h. auf den Reinheitsgehalt an.Tabelle 1Die Feststellung der nicht geringen Menge eines Betäubungsmittels setzt also in aller Regel eine entsprechende Analyse voraus, in der der Wirkstoffgehalt und die konkrete Menge des Wirkstoffs festgestellt werden.
Die nicht geringe Menge bei synthetischen Cannabinoiden (Kräutermischungen, SPICE) ist nicht einheitlich festgelegt. Die synthetischen Cannabinoide werden immer wieder verändert. Auch die Eigenschaften der einzelnen synthetischen Cannabibnoide weichen stark voneinander ab, so dass eine pauschale Gleichbehandlung aller Stoffe nicht sachgerecht ist.
In seiner Entscheidung vom 14. Januar 2015 hat der erste Strafsenat des Bundesgerichtshofs nunmehr die Grenzwerte für bestimmte synthetischen Cannabinoide wie folgt festgelegt:Tabelle 2Allein schon die Entscheidung vom 14.01.2015 zeigt, dass die Stoffe erhebliche Unterschiede bei den Eigenschaften aufweisen. Andernfalls wäre der Grenzwert der einen Substanz nicht das dreifache des Grenzwertes der anderen Substanz.
Es existieren noch zahlreiche andere synthetisch erzeugte Cannabinoide und es ist zu erwarten, dass immer noch weitere hinzukommen. Nach dem gegenwärtigen Rechtsstand ist der Umgang mit den synthetisch erzeugten Cannabinoiden erst dann strafbar, wenn der konkrete Wirkstoff in der Anlage zum Betäubungsmittelgesetz aufgenommen wurde. Die Grenzwerte zur Bestimmung der nicht geringen Menge werden, nach der Aufnahme des Wirkstoffes in die Anlage zum Betäubungsmittelgesetz, erst durch höchstrichterliche Entscheidung verbindlich festgeschrieben. Voraussetzung dafür ist, dass ein entsprechendes Verfahren dem Bundesgerichtshof zur Prüfung vorgelegt wird, d.h. dass gegen ein entsprechendes Urteil Revision eingelegt wird. Bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofes können die Instanzgerichte sich bei der Bestimmung der nicht geringen Menge an den Grenzwerten vergleichbarer Substanzen orientieren.
Mehr zum Thema „Legal Highs“ finden Sie übrigens in folgendem Beitrag: >> Legal Highs <<
Übrigens: Auch ohne entsprechende Laboranalysen ist es unter Umständen möglich – anhand der Konsumeinheiten – eine nicht geringe Menge festzustellen, wobei entsprechende Sicherheitszuschläge zu Gunsten des Beschuldigten/angeklagten vorzunehmen sind.
Sollten Sie in diesem Bereich juristischen Rat benötigen, wenden Sie sich an die Kanzlei und vereinbaren Sie einen Besprechungstermin.